Niederlande. Nach einer Studie von
Ed G. Gonera und Mitarbeitern geht der Manifestation eines Morbus
Parkinson eine Prodromalphase von nur 4 bis 6 Jahren vorher. Dies
stimmt mit postmortalen Gewebeuntersuchungen der Substantia nigra überein,
denen zufolge die Nevenzelldegeneration 4,7 Jahre braucht, um
klinische Symptome auszulösen. Bislang hatte man teilweise
angenommen, daß dieses Stadium bis zu 20 Jahre dauert. Die niederländischen
Wissenschaftler hatten rückschauend 60 Parkinson-Patienten mit 58
Personen verglichen, die den Kranken in Alter und Geschlecht
entsprachen. Sie wollten wissen, wie häufig und mit welchen Problemen
die Parkinson-Betroffenen vor der Diagnose ihres Leidens ärztliche
Hilfe aufgesucht hatten. Zu diesem Zweck wurden die Krankenunterlagen
ihrer Hausärzte bzw. der Hausärzte der Vergleichsgruppe über einen
Zeitraum von 10 Jahren ausgewertet. Dabei zeigte sich, daß die späteren
Parkinson-Kranken vergleichsweise mehr unter zentralnervösen,
psychischen, muskuloskeletären und kardiovaskulären Symptomen litten
und daß sie häufiger ihren Hausarzt bzw. Fachärzte aufsuchten.
Seelisch handelte es sich vor allem um Depression, Angst, Nervosität
und Überlastung.
Die Autoren weisen darauf hin, daß
selbst zwei Jahre vor der Parkinson-Manifestation 38 Prozent der künftig
Erkrankenden über keine einschlägigen Beschwerden klagen. Sogar ein
Jahr vor der Diagnose fühlen sich noch 8 Prozent diesbezüglich
beschwerdefrei. Offen bleibt, ob die klassischen Symptome in der
Prodromalphase aufgrund ihrer Diskretheit völlig fehlen oder eher übersehen
werden. Zweifel an den diagnostischen Möglichkeiten fördert ein
Fallbericht, bei dem Videoaufzeichnungen bereits motorische Auffälligkeiten
zeigten, obwohl die betreffende Person erst 8 Jahre später
medizinisch auffiel.
In einer anderen Publikation vertritt
auch P. K. Morrish die Ansicht, daß der Morbus Parkinson keine
lange Latenz kennt. Der Autor weist vor allem auf die große
Variabilität hin, mit der sich die Parkinsonsche Erkrankung
entwickelt. Diese sei schlecht mit der Vorstellung von einer langen
Latenz vereinbar. Selbst wenn es ein langes Podromalstadium gebe,
bedeute dies noch lange nicht, daß es für alle Krankheitsverläufe
zwingend sei. Der Autor nimmt an, daß wesentliche Erkenntnisse über
die Pathogenese des Morbus Parkinson eher von der intensiven
Erforschung des klinischen Krankheitsverlaufs als von einer rückblickenden
Untersuchung der Anfänge zu erwarten sind.
Ed
G. Gonera et al.: Symptoms and duration of the prodromal phase in
Parkinson´s disease. Movement Disorders 1997 (12) 871-876;
P. K. Morrish: Parkinson´s disease is not a long-latency
illness. Movement Disorders. 1997 (12) 849-854