Am
16. Januar 1999 veranstaltete die Bad Nauheimer Parkinson Klinik ihr 4.
Symposium unter dem Titel “Ursachen des idiopathischen
Parkinson-Syndroms”. Unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Alexandra
Henneberg berichteten und diskutierten die Professoren H. Braak
(Frankfurt), A. Aguzzi (Zürich), H. U. Wolf (Ulm), M. B. H. Youdim
(Haifa) und H. Przuntek (Bochum).
Deutliche Kritik an der
verbreiteten und zugleich vereinfachten Darstellung des Morbus Parkinson
als einem “Nervenzellverlust in der Substantia nigra, der mit einem
Dopaminmangel im Striatum verbunden ist” übte Prof. Dr. Heiko Braak.
Aus seiner Sicht verführen Erfolge mit der L-Dopa-Therapie teilweise zu
simplen oder sogar falschen Vorstellungen. Ähnliches gelte für einige
Tiermodelle, die in Braaks Augen “lächerliche Karikaturen” der
eigentlichen Krankheit sind. Protektive Ansätze verspricht sich der
Frankfurter Anatom von Substanzen, die das Zytoskelett stabilisieren und
teilweise schon bei Krebskrankheiten erprobt wurden.
Foto: Prof. Dr. Heiko Braak
Für Braak ist der Morbus
Parkinson eine Multisystemerkrankung. Bei dieser kommt es zu erheblichen
Veränderungen im Bereich des limbischen Systems, die sich zusammen mit
Schäden in den motorischen Gebieten entwickeln. Kennzeichnendes Merkmal
der Erkrankung sind schwere Zytoskelettveränderungen einer relativ
geringen Anzahl von Nervenzelltypen des zentralen, peripheren und des
enterischen Nervensystems. Auffällig sei, daß ähnlich wie beim Morbus
Alzheimer in systematischer Weise nur bestimmte Arten von Nervenzellen
erkranken, während andere, den erkrankten Zellen zum Teil direkt
benachbarte Neurone unversehrt bleiben oder nur sekundäre Schäden
erleiden.
Die für den Morbus Parkinson
empfänglichen Nervenzelltypen verändern erheblich ihr Zytoskelett in
Form von Lewy Körpern im Zelleib oder als Lewy Neuriten in den
Zellfortsätzen. Hauptbestandteile dieser Einschlußkörper sind abnorm
phosphorylierte Neurofilamente und ein verändertes, normalerweise in
der Membran von Synapsen vorkommendes Protein, das a-Synuklein. Die
betroffenen Nervenzellen können eine gewisse Zeit mit diesen Schädigungen
leben. Sie erleiden jedoch bald Funktionsverluste und gehen schließlich
vorzeitig zugrunde.
Foto:
Prof. Dr. Moussa B. H. Youdim
Provokante Ansichten äußerte
auch Prof. Dr. Moussa B. H. Youdim unter der Frage “Ist eine
Neuroprotektion beim Morbus Parkinson möglich?”. Der weltweit
bekannte Parkinson-Experte stellte die Einzigartigkeit des Morbus
Parkinson in Frage, zog Parallelen zu anderen chronischen Erkrankungen
wie dem Diabetes mellitus und betonte die Wichtigkeit entzündlicher
Vorgänge für das Krankheitsbild. Letztere bieten Substanzen wie der
Acetylsalicylsäure therapeutische Ansatzpunkte. Besonders
vielversprechend erschien Youdim vor allem die Beobachtung, daß sich in
den Gehirnen von Parkinson-Kranken Eisen anreichert, was für die
Degeneration von Nervenzellen eine zentrale Bedeutung haben dürfte. Von
der Suche nach verträglichen eisenbindenden Substanzen erhoffen sich
deshalb Forscher wie Youdim erhebliche Fortschritte auf dem Gebiet der
Neuroprotektion. Bislang scheint Apomorphin den Erwartungen an ein
optimales Neuroprotektivum noch am ehesten gerecht zu werden.
Nach einem ausführlichen
Grundlagenreferat von Prof. Dr. Przuntek endete das
Symposion mit der
Verleihung des Parkinson-Buch-Preises 1999 durch Jürgen Komm, den Geschäftsführenden
Direktor der Bad Nauheimer Parkinson Klinik.