von Dr. med. Hans Joachim Hutt,
Direktor Öffentlichkeitsarbeit & Gesundheitspolitik, Pharmacia GmbH
(Erlangen)
Je nach Studie leiden bis zu 80
Prozent aller Parkinson-Patienten auch unter sexuellen Funktionsstörungen.
Diese lassen sich keineswegs nur dem Grundleiden zuordnen; oft stehen sie
auch mit dem höheren Alter der Betroffenen, seelischen Begleiterkrankungen
(Angst und Depression) sowie den erschwerten zwischenmenschlichen
Beziehungen in Zusammenhang. Meldungen über verbesserte Sexualfunktionen
unter Dopaminagonisten – wie sie im Titelbeitrag der heutigen Ausgabe
diskutiert werden – können gerade Parkinson-Kranke erheblich irritieren.
Denn die entsprechenden Hoffnungen werden keineswegs immer eingelöst, da
zu viele Variablen für das mehr das mehr oder weniger gute sexuelle
Funktionieren verantwortlich zeichnen. Zu ihnen gehören neben den
störenden Symptomen des Grundleidens auch die Nebenwirkungen der aktuellen
Medikation und die Qualität der Partnerbeziehung. Letztere leidet oft
darunter, dass mitunter der Patient an körperlicher und seelischer
Attraktivität verliert und die Rolle des Pflegenden sich manchmal nur
schwer mit der des Sexualpartners vereinbaren lässt.
Wie eine Studie von O. Moore und
Kollegen zeigt, trägt die Qualität des Sexuallebens auch bei
Parkinson-Kranken wesentlich zur allgemeinen Lebensqualität bei. Die
Autoren plädieren deshalb dafür, vermehrt Fragen zur Sexualität in
entsprechende Fragebögen aufzunehmen. Ihnen selbst fiel auf, dass sich die
Teilnehmer ihrer Untersuchung nach Ausfüllen der Fragebögen offener über
sexuelle Themen äußerten und bereitwilliger nach Sexualberatung
erkundigten, als es sonst bei Parkinson-Kranken der Fall ist. Dieses
Beispiel belegt, dass ein deutlicher Beratungsbedarf vorhanden ist;
außerdem verdeutlicht es die Notwendigkeit, von ärztlicher Seite
entsprechende Gespräche gezielt anzuregen.
In Beziehungen lebende
Parkinson-Kranke wünschen sich zur Lösung ihrer sexuellen Probleme häufig
Paarberatungen. Von solchen Hilfestellungen profitieren auch die Partner
der Kranken. Denn diese entwickeln nach Eintritt des Parkinson-Leidens oft
selbst sexuelle Funktionsstörungen und eine deutliche Unzufriedenheit mit
der Qualität der sexuellen Beziehung. Bei Paarberatungen gilt es, zu einer
offenen Kommunikation über sexuelle Wünsche und Probleme anzuleiten, zur
Mitteilung eigener Empfindungen zu ermutigen sowie diskret und einfühlsam
über die Vielfalt heute vorhandener Methoden und Hilfsmittel zur Linderung
sexueller Funktionsstörungen zu informieren.
O. Moore u.a.:
Quality of sexual life in Parkinson´s disease.
Parkinsonism and Related Disorders 2002
(8) 243-246 |