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Dopaminagonisten: Potenzmittel für Parkinson-Kranke?

Von „besseren Orgasmen“ und einem „neuen Sexmittel“ berichtete im letzten Jahr das Magazin FOCUS (Nr. 17/2002). Im Mittelpunkt der Meldung stand der Dopaminagonist Cabergolin, der in Deutschland unter dem Handelsnamen Cabaseril® ausschließlich zur Behandlung des Morbus Parkinson zugelassen ist. Wie der FOCUS mitteilte, glaubt eine Essener Forschungsgruppe mit Cabergolin „einem neuen Medikament zur Behandlung erektiler Dysfunktion auf der Spur zu sein“. Die offenbar an gesunden Männern erhobenen Befunde der Essener Wissenschaftler gipfeln in der Feststellung: „Mit Cabergolin war die Libido gesteigert, die Zeit bis zur ersten Ejakulation verkürzt, der zweite Orgasmus kurz darauf häufiger und insgesamt berichteten alle Versuchspersonen von einem qualitativ besseren Orgasmus.“

    Was hier der breiten Öffentlichkeit als neue Sensation verkauft wurde, ist Parkinson-Forschern längst kein Geheimnis mehr. So berichten M. Wittstock und Kollegen in „Neurology“ von einem 77-jährigen Parkinson-Kranken, bei dem es unter einer Tagesdosis von 4 mg Cabergolin mehrfach täglich zu Erektionen und verstärkter Libido kam. Zuvor hatte der Patient jahrelang weder Erektionen noch sexuelle Lust verspürt. Einschlägige Erfahrungen einer Parkinson-Patientin, die eine Zunahme ihrer sexuellen Bedürfnisse und Potenz beschreibt (u.a. unter Cabergolin), sind bei Beier und Kollegen (2000) nachzulesen.

    Solche Einzelfallbeobachtungen verleiten leicht zu der Schlussfolgerung, dass sich Dopaminagonisten wie Cabergolin zur Behandlung Parkinson-Kranker besonders dann anbieten, wenn diese auch unter sexuellen Funktionsstörungen leiden. Gegenüber einer solchen Annahme ist jedoch Vorsicht geboten, wie eine Befragung von über 1.300 Parkinson-Kranken zeigt (Beier u.a. 2000). Danach ist nämlich nicht vorhersehbar, wie Dopaminagonisten sexuelle Funktionen im Einzelfall beeinflussen: Der Effekt kann neutral sein oder in einer Verstärkung oder Abschwächung bestehen. Soweit überhaupt Trends erkennbar sind, lässt sich sagen, dass Dopaminagonisten am ehesten die sexuelle Appetenz verstärken, während sie andere Phasen des Sexualzyklus eher dämpfen (wie sexuelle Erregung und Aktivität, Orgasmuserleben).

     Meldungen – wie dem eingangs zitierten FOCUS-Bericht – sollten Parkinson-Patienten daher eher skeptisch begegnen. Vermutlich wirken Dopaminagonisten bei Menschen ohne Dopamin-Defizit anders als bei Parkinson-Kranken. Dopamin scheint zumindest bei erektilen Dysfunktionen eine Rolle zu spielen, wie die Wirksamkeit des für diese Indikation bereits zugelassenen Dopaminagonisten Apomorphin andeutet. Ob auch andere Dopaminagonisten zum „Potenzmittel“ avancieren können, müssen künftige Studien und behördliche Prüfungen erst noch zeigen.

M. Wittstock u.a.: Cabergoline can increase penile erections and libido. Neurology 2002 (58) 831; K. M. Beier u.a.: Sexualität und Partnerschaft bei Morbus Parkinson. Fortschr. Neurol. Psychiat. 2000 (68) 564-575